9. März 2012

Die Weisheit des Silens

Aus altem Kaugummipapier forme ich mir vor dem Schreiben, wenn schon keine Götzen aus alten Klorollen, die ich um himmlische Hilfe bei den Kraftakten des Textringens anbeten kann, denen ich im Übrigen heimlich alle Schuld an meinem irdischen Schicksal zur Last lege, satyrhafte Eselsohren. Immer gedeiht alles Gedankliche in meinen Händen zur montrösen Schwergeburt. 

Es geht die alte Sage, dass König Midas lange Zeit nach dem weisen Silen , dem Begleiter des Dionysus, im Walde gejagt habe, ohne ihn zu fangen. Als er ihm endlich in die Hände gefallen ist, fragt der König, was für den Menschen das Allerbeste und Allervorzüglichste sei. Starr und unbeweglich schweigt der Dämon; bis er, durch den König gezwungen, endlich unter gellem Lachen in diese Worte ausbricht: „Elendes Eintagsgeschlecht, des Zufalls Kinder und der Mühsal, was zwingst du mich dir zu sagen, was nicht zu hören für dich das Erspriesslichste ist? Das Allerbeste ist für dich gänzlich unerreichbar: nicht geboren zu sein, nicht zu sein, nichts zu sein. Das Zweitbeste aber ist für dich — bald zu sterben“.(Nietzsche, GT 3)