12. Dezember 2011

boring room

In der fünften Klasse lernte ich von meiner Englischlehrerin Mrs. Westbury, dass die Briten ihr Wohnzimmer mit diesem Begriff betitelten. Irgendwie merkwürdig klang das in meinen Kinderohren, wo doch gerade jenes Zimmer vor allem eines zu sein versprach: Raum für kreative Abende, für ausgedehntes Speisen mit Freunden, den ein oder anderen Rotweinexzess, bei dem die Dielen spontan zur Tanzfläche werden, für Spiele, für das Versinken in Lesewelten und dergleichen. Zum Glück ist mir im Laufe meines Studentinnenlebens mein geschätzter Kommilitone über in Weg gelaufen, der die von mir seit Kindheitstagen gefürchtete Langeweile selbst für mich nachvollziehbar und endlich philosophisch aufzuwerten sich aufmachte. Im Rahmen seiner Abschlussarbeit in ihr sogar subversive Schichten freizulegen wusste. Chapeau! 
Ja, so ist das mit den Heimkehrerinnen von ausgedehnten Nilkreuzfahrten! Dass sie schnell und ohne Durchatmen die nächste Baustelle eröffnen, an die sie all ihre Kräfte, die auch anderswo gut untergebracht wären, heften, um sich nur ja in Bewegung zu halten. Das dialektische Prinzip von Langeweilevertrieb (nicht kaufmännisch konotiert) bei der Entstehung langweiliger Räume, das hat schon was für sich - beinahe charismatisch. Und während ich mich vor lauter Vorfreude fast überschlage, denke ich in Einzelmomenten, aber in einer erstaunlichen Beständigkeit, so bei mir: Alles wird gut. Eine Gemütslage, von der ich lange nicht mehr so deutlich durchdrungen war.