31. März 2023
Dinner für eine
29. März 2023
A tunnel under Ocean Blvd
Offenbar verspürt niemand einen Hauch der Selbstreferentialität, die in den Texten angelegt ist. Niemand bemerkt den feinen Humor, die Kunst der Pose, das Spiel mit Bedeutung, die Taschenspielertricks mitgelieferter Lesarten.
Nur der F. hat mal wieder ein Ohr für das, für Lana, für mich.
Eilig schreibe ich ihm mit ungeduldigen Fingern von dem Eindruck, der sich mir schon seit Freitag aufdrängt und erst allmählich verbalisieren lässt...
Etwas Zerbrochenes wieder zu kitten, ohne dabei den Bruch zu verschleiern, ihn im Gegenteil bewusst sichtbar zu machen und — golden! — zu affirmieren. Wow! Von dort aus ist der Schritt zu Wabi Sabi (侘寂) schnell getan: als ästhetisches Prinzip mit dem Schlüsselgedanken, Schönheit in jedem Aspekt der Unvollkommenheit zu finden. Lana ist sehr klug, vermag der auf den ersten Blick beiläufige Titel doch veritable Ansätze zur Interpretation ihres aphoristischen Ansatzes liefern. Die kompositorischen Kunstgriffe und die gloriose Stimme sind der Urushi-Lack, der die verstreuten Fragmente zusammenbindet. Wow!
Dem Dichter und Weisen sind alle Dinge befreundet und geweiht, alle Erlebnisse nützlich, alle Tage heilig, alle Menschen göttlich.
27. März 2023
janusköpfig – Manie, vol. I
"Immer, wenn ich auf den Fotos nicht mehr den Unterschied zwischen deinen Schüler*innen und dir als ihrer Lehrerin erkennen kann, weiß ich, was los ist, wollte als deine Freundin aber nicht sofort den mahnenden Zeigefinger erheben", schreibt mir die V. mit ein wenig Verzögerung von der Insel, nachdem sie offensichtlich meine Gruppenbilder der Mottowoche gesichtet hat.
Ich: täglich kostümiert, wahlweise in Mermaidpose, Huckepack, von meinem Leistungskurs auf Händen getragen, Standwaage, Vrksasana, Plank, springend, liegend, posend, Zunge raus, Sonnenbrille, Victory-Zeichen, breite Schultern. My gosh!
Wenn alle Grenzen verschwimmen und der manische Teufel mich reitet, dann hat der eine Kopf des Ianus die Überhand gewonnen und flieht ungestüm voraus, die Existenz des zweiten annullierend.
Exzessive Ausgelassenheit und intensive Emotionen erscheinen bei mir stets als trügerisches Vexierbild, tragen sie doch schon immer einen pathologischen Keim in sich. Echte, unzweifelhafte, gesunde Freude: ein unsicheres, ungesichertes Terrain.
Beim allmählichen Runterkommen in den letzten Tagen mehrmals darüber geweint.
Meine unbändige, gefährliche, illusorische, vergiftete Freude.
19. März 2023
δαίμων
12. März 2023
Die Leere fetischisieren
11. März 2023
Unser Decamerone
Man muß im Zustand der HYSTERIE sein, um Texte schreiben zu können, die das wirklich sagen, was einem vorschwebt. Völlig überwertig besessen von Ideen, Worten, Konzepten, Details des Sprachlichen, den Feinstabwägungen von Ober- und Untertönen des Geschriebenen, nein, es klingt noch nicht genau so, wie es klingen sollte, irgendetwas fehlt noch, was ist falsch, wo wird zu dick aufgetragen, zu penetrant insistiert, zu lange abgeschweift, wo wird zu poetisch verkürzt gesprochen, wo zu commonsensehaft alltäglich.
Im Traum hörst Du nie wieder auf, mir vorzulesen.
Das Knistern der Zeitung, forever. Dust swirls in strange light.
10. März 2023
Entfachung, sag für Amore...
9. März 2023
Epistulae ex Ponto: Geistige Heimat
Was ich insgeheim betrauere, ist nicht die Entscheidung selbst. Den Weg in eine andere Richtung eingeschlagen zu sein damals. In eine weniger akademische, lebensweltlichere, pragmatische.
Es geht mir alles recht leicht von der Hand. Ich habe Zauberkräfte, wird gesagt. Man hängt an mir und braucht mich. Ich kann begeistern. Ich bin überzeugt: Niemand merkt etwas. Ich habe eine zweite Familie gefunden. Einen Beruf, eine neue Berufung.
Nur manchmal, im Schein der Schreibtischlampe am Abend, über die Abikorrekturen gebeugt, beim Aufschlagen der Essais, wenn der SWR Reiner Niehoffs Versuche über den Schatten ausstrahlt, Melanie Möller in der NZZ wortreich über die Metamorphosen und die Heroen der Aeneis fabuliert, mir eine vor Jahren verfasste Notiz zu Batailles Begriff des Verfemten in die Hände fällt oder zu Nietzsches Fatalismen, dann sticht es kurz. Dann wiegt der Verlust der alten Heimat kurz schwer, dann erheben sich Tristia in mir.
Noch lange nach der Zweiten Staatsprüfung, längst im Beruf angekommen, täglich im Klassenzimmer, mit einigen Funktionen betraut, ein stets voller Schreibtisch daheim und fest eingespannt in das schulische Hamsterrad, war mir die Vorstellung ganz und gar unheimlich, nicht gleichzeitig, parallel zur Vollzeitexistenz, an einer Berliner Hochschule immatrikuliert zu sein. Der akademischen Welt von nun an nicht mehr zuzugehören, von meiner alma mater entbunden worden zu sein...
hic ego, finitimis quamvis circumsoner armis,
tristia, quo possum, carmine fata levo.
quod, quamvis nemo est, cuius referatur ad aures,
sic tamen absumo decipioque diem.