15. September 2011

Ästhetisierung der Armut

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Statt das Unvermögen großer Bevölkerungsanteile an gesellschaftlichen und ökonomischen Prozessen teilzuhaben endlich mal auf den Tisch zu bringen, wird Berliner Armut im Wahlkampf ständig ästhetisiert, verharmlost und veralternativisiert. So viel Sexyness, die sich bald nur noch ein Bruchteil zu leisten vermag.
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Heute dann dem Sommer endgültig Goodbye gesagt. Dies trotz prognostizierter 23° C am Wochenende durchgezogen. Kein Pardon. Dazu massenhaft Miniröcke, Babydolls, Hotpants, Wedges, Römersandalen und Fesselriemchen in Kisten gehievt, verstaut und jedes Mal tief melancholisch geseufzt beim Verschließen. Früheste anzunehmende Öffnung: April 2012.
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Heute morgen im Bett im SPON-Forum und parallel im Tagesspiegel fast zwei Stunden hitzige Debatten zwischen Autofahrern und Radlern verfolgt. Erstaunt über die Militanz der Streithähne. Kräftig genickt bei den folgenden Ausführungen

Das Grundproblem in den Großstädten ist sicher das Auto. Neben dem unglaublichen Dreck, Lärm und Gestank verursacht es vor allem einen gigantischen Flächenfraß, so dass für alle anderen Verkehrsteilnehmer nur noch ein kleiner Rest übrig bleibt, um den sie sich dann prügeln – weil er viel zu klein ist. Ein wenig rotes Pflaster, auf den Gehweg gezwängt, meistens zudem von Autos zugeparkt – so ist es in deutschen Großsstädten üblich – soll ein "Fahrradweg" sein... lachhaft. Da bleibt als Fahrradfahrer nur eins: man weicht auf die Straße aus. Wer ein wenig schneller als Schrittempo fährt, bringt auf diesen "Fahrradwegen" nur Fußgänger und sich selbst in Gefahr.


Autofahrer hingegen... oh je. Zunächst kann man im Berufsverkehr schön beobachten, dass in fast allen Autos nur eine Person sitzt, die sich darüber wundert / ärgert, dass die Straße zu voll ist – weil andere dasselbe tun. Dementsprechend hilflos und aggressiv wird auf die Fahrradfahrer losgegangen, die an den endlosen Blechlawinen vorbeiradeln: man wird rausgedrängt, geschnitten, ausgebremst, angehupt, angepöbelt. Dass man als Fahrradfahrer dabei nicht selten in Lebensgefahr gebracht wird, weil man kein schützendes Blech um sich herum hat, scheint den durchschnittlichen Autofahrer nicht zu interessieren.


Die Verkehrspolitik in Deutschland ist immer noch von vorgestern, in erster Linie auf Autos ausgerichtet. Fast schon traumhaft kommen einem da Städte wir Amsterdam mit ihren weitaus fortschrittlicheren Verkehrskonzepten vor. In Berlin oder Hamburg oder München hingegen: eine einzige Katastrophe.


und dann doch in leise Zweifel verstrickt. Was wäre, wenn sich bei unveränderter Verkehrspolitik und städtebaulichen Gegebenheiten noch mehr Personen entscheiden, morgens das Rad für den Arbeitsweg zu nutzen? Schon in diesem Sommer war mir das ständige Rumgeeiere der Vordermänner/-frauen - besonders bei mittelalten Prenz'l Bergerinnen gern gesehen - wirklich unerträglich. Verlangsamte es nicht nur meine Fahrt erheblich, sondern schlug mir auch überaus heftig aufs Gemüt.
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Zu allem Überfluss hat sich irgendein Witzbold meiner Laufschuhe bemächtigt, die ich zum Auslüften vor der Haustür parkte. Seitdem schmiede ich perfide Mordpläne.