Statt wie früher ungedeckte Kreditkarten glühen zu lassen und immer mehr an und unter Klamottenbergen zu ersticken, während der Briefkasten Tag für Tag bunte Briefe aus seinem Inneren hervorzaubert, gehe ich momentan an den zahlreichen Konsumversprechen vorbei als hätte ich es nie anders gemacht. Ich bin erstaunt über diese in den letzten Jahren nie gefühlte Genügsamkeit und eine Gemütsverfassung, die ihre ehemalige Ventillosigkeit nicht mehr über die Sprache des Konsums austrägt und überhaupt neues Vokabular kennt: viel leichter loslassen statt krampfhaft besitzen wollen, rausschmeißen statt horten, Erleichterung statt Beschwerung. Wie wenig ich momentan ausgebe und wie einfach das eigentlich ist, sich in einer derartigen Askese zu üben. Um die Erfahrung gebracht, auf der impulskontrollgestörten Suche nach einem Schmerzenskompensator mit bis zum Hals pochender Sucht und von dem beklommenen Gefühl unter der Haut begleitet, das eigene Leben von der Wurzel an zu zerstören. Wie merkwürdig es sich anfühlt, wenn die Schulden plötzlich getilgt sind, für die seit Jahren nicht mehr genutzte Barclay-Card letztmalig 25€ abgebucht, die von 3000€ übrig sind, mich so wenig Post erreicht wie nie - nur noch Urlaubkarten, Wahlkampfflyer und IKEA-Kataloge. Welche Genugtuung hingegen angesichts des Zaubers der kleinen Dinge: Zwei Stück Duftseife von Lush zum Beispiel oder eine in Leinen gebundene Ausgabe von David Copperfield für nur wenige Euro vom Bücherstand vor der HU. Wirkungsvoller, um Bedeutung geschwängerter Minimalluxus.