Die Sinne zu stimulieren und zu sensibilisieren für die Erhabenheit der antiken Literatur, eine ästhetische Differenzerfahrung spürbar zu machen, auch dies Kerngeschäft des altsprachlichen Unterrichts. Und mal ehrlich, wie viele Welten liegen zwischen der geschmeidigen Eleganz eines Ciceros oder eines Vergilianischen Einbruches der Nacht – nox ruit et fuscis tellurem amplectitur alis (unsauber: Nacht stürzt herein und umfasst die Erde mit ihren dunklen Schwingen) – und den zahlreichen Belanglosigkeiten, die von der gegenwärtigen Literatur, zumal ohne Kenntnis, ohne (souveränes) Beherrschen eines Handwerkes, einer Technik, eines Stils, aufgefahren werden (besonders gruselt mich die Digital-Bohémiens-produzieren-große-Literatur-Sparte). Die in ihrer Beiläufigkeit, während sie sich nebenbei noch schnell eine Wurstbemme geschmiert hat und nun pausbäckig-schmatzend vor sich hin fabuliert, eines Gespürs für die Höhe des Gegenstandes oder seiner sprachlichen Vermittlung ermangelt. Nur am Rande zuständig fühlt sie sich für die Erbauung, gar Erhöhung, ihres Lesers (na gut: Kalauerei und Klamauk mal ausgenommen!), nicht dem minutiösen Dokumentieren, der Konfrontation mit dem Unerhörten, des Zelebrierens der Existenz noch einem wie auch immer gearteten (ästhetischen) Programm sich verpflichtet.