23. Februar 2012

Über Helme und Haare

Ich könnte nicht mal annähernd sagen, wie oft ich in meinem Leben den immergleichen Spruch in Bezug auf meine flachshaarige Mähne gehört habe. Immer und immer wieder wurde da (meist etwas schadenfreudig, was ich bei Glatzen viel eher verstanden hätte) konstatiert, dass die Miss stets einen keratinen Helm mit sich führe. Manchmal bin ich, aus mir unerfindlichen Gründen, sogar gefragt worden, ob ich gar Perücke trüge. Schienen mir die Fragenden ihrem Wesen nach grundsätzlich angenehm, durften sie sich durch einen packenden Griff an meinem Schopfe von der Tatsache überzeugen, dass das störrische Gewusel aus den körpereigenen Papillen gesprossen kam. Die immer gleiche Leier also. Unaufgefordert konnte ich sie da aus allen Windrichtungen heransäuselnd vernehmen, die Tipps und Tricks, nach denen ich an keiner Stelle verlangt hatte: Von A wie Ausdünnung über G wie den richtigen Gebrauch von Glätteisen bis hin zu Z wie angemessene Zopfbändigungen. Und immer blieb ich, um ehrlich zu sein, etwas ratlos zurück, weil mir selbst stets die Damen besonders leid getan hatten, deren flaumartiger Haarwuchs, die Kopfhaut durchschimmern ließ, oder deren Haar wie strähnige Spaghetti am Kopf festzukleben schien. Ich war mir also keines äußeren Makels bewusst, daher immer sehr erstaunt und auch etwas belustigt im Angesicht des entgegenschlagenden Haarhohns. Doch seit Amy Winehouse das endlose Auftoupieren zur olympischen Disziplin auserkor (und Unzählige ihr nacheilten), Extensions zum Standardprogramm eines jeden Friseurs gehören und selbst die Models in den Katalogen sich zu bardotartigen Helmen bekannten, für die ihr feines Haar zuvor bestimmt stundenlange Torturen litt, während ich nur aus dem Bett steige und auf das Kämmen verzichte, atme ich auf und fühle mich, wenn selbst Kulturzeit im Abspann ein solch prächtiges Musikvideo der bezaubernden The Kills und der noch bezaubernderen Alison Mosshart zeigt, auf das Beste bestätigt. Derangement (bei aller Äquivokation!) is very attractive. Indeed it is. 
Schon erstaunlich (bei aller Hyperprojektion), die subtile Ähnlichkeit der Fotos mit uns, dem Gefährten und mir.