27. Juli 2011

De superbia

superbia, superbiae, femininum - schüchternes Kopfnicken, geräuschloses Hinsetzen, Durchatmen. Nicht ohne perfiden Genuss erinnere ich mich an meine strahlende Ära als discipula linguae Latinae zurück. Inmitten von AcI, Gerundivum, Hortativ und Abl. abs. den Blick unbeirrt und äußerst strebsam auf das große Latinum geheftet, bestand ich dieses dank der sechs Jahre eisernen Vorlaufs, ein martialischer Trimm-Dich-Pfad, über den uns die bereits damals pensionierte Magistra Schneppelina mit Gouvernantendutt peitschte, durch einen unerwarteten Lehrerwechsel in der Oberprima mit Bravour (s.c.l.). Die harte stilistische Schule schärfte mein jugendliches Gefühl für Wesen und Struktur der Sprache. Doch damit nicht genug: Seit jener Zeit des unnachgiebigen Unterrichts nämlich gehe ich der Welt antiker Geschichte und Philosophie so unbefangen und selbstverständlich spazieren und kann noch immer alle römischen Kaiser (früher sogar mit Regierungszeiten) der Reihe nach aufzählen, dass ich ob dieser Reliquien meiner Schulzeit manchmal sehr verwundert bin. Caesar, Cicero - freilich mit k gesprochen - und auch Sallust lese ich als Zeichen meiner rückblickenden Anerkennung und in geheimer Komplizenschaft noch heute im Original. Bei den Ovidschen Metamorphosen hingegen schleichen sich vor allem durch mangelnde Gelegenheit der Erprobung und da ich mich seinerzeit nicht für ein Studium der klassischen Philologie erwärmen konnte, Jahr für Jahr ernsthafte Probleme beim Transfer des rhythmisierten Lateins ins Deutsche ein. Hier erschließe ich entgegen meines Gebots, Eleganz und Perfektion bei der Übersetzung eines solchen Autors müssen universal und ohne Ausnahme walten,  mittlerweile nur noch aus dem Kontext der mir bekannten Mythen. Ganz und gar gräßlich, die Talente von einst einfach vor die Hunde gehen zu sehen.