23. Juli 2011

Weg vom Nikotin: Me, running

Ein Jahr ist es nun her, seit ich dem blauen Dunst - bei meiner Suchtaffinität bleibt zu hoffen endgültig - abgeschworen habe. Dass den Freunden die neue Lebensweise zunächst und teilweise bis heute nicht aufgefallen ist, beleuchtet die gesellschaftliche Belanglosigkeit jener Selbstdisziplinierung, die bei mir keineswegs in Gestalt einer langen Leidenserfahrung daherkam. Seitdem jedenfalls strafe ich stinkende Kippen mit überheblicher Mißachtung, setze den Fuß nicht mehr gleicher Leidenschaft in Raucherkneipen, wasche und bürste mich zumindest vom Scheitel bis zur Sohle, wenn mich eben jene Etablissments nächtens, mit Penetranz aus den Poren miefend, wieder ausspucken. Mit dem bissigen Geruch, der von Haut und Haar her strömt, kann ich nämlich heutzutage nicht mehr einschlafen.
Insgesamt ein Jahr, das sich viel weniger als Zerreißprobe darbot, so wie ich es in meinen kühnsten Horrorphantasien angenommen hatte. Ein Jahr, in dem ich mich außerordentlich tüchtig bewegt habe. Am intensivsten natürlich nach der unmittelbaren Entledigung des Lasters, also im (Spät-)sommer und Herbst 2010. Ja, einen Heidenschiss hatte ich vor dem Zunehmen, das die meisten Abstinenzler heimsucht! In meiner Vorstellungswelt führt 'dick sein' nämlich konsequent hinter 'dumm sein' die Liste der unerträglichen Lebensplagen an. Und so lief ich mit den denkbar schlechtesten Billiglaufschuhen an den Füßen, da ich meine extreme Flatterhaftigkeit zunächst auf eine Probe der Kontinuität stellen musste, bei Wind und Wetter durch den Park bis der schneereiche Dezember vor der Tür stand. Zu diesem Zeitpunkt konnte ich die 10 km schon deutlich unter 50 Minuten laufen. Dann kam der Winter und die stressige Vorbereitung der Magisterabschlussprüfungen forderte, auch wenn ich die Bewegung nie gänzlich aufgab - ich schwamm weiterhin, spielte einmal die Woche Squash und fuhr den täglichen Arbeitsweg (Strecke: 16 km) mit dem Rad - ihren Tribut. Das Laufen habe ich trotz Halbmarathonplanung leider seitdem nicht nur vernachlässigt, sondern gänzlich aus den Augen verloren. Ich befürchte gar, die 10 km würden mich momentan ganz bestimmt mehr als eine ganze Stunde kosten, denn leider ist mir das Laufen von jeher, ganz im Gegensatz zum Schwimmen und Radfahren etwa, am Anfang stets eine richtige Herausforderung gewesen. Wahrlich, ein beständiges Malträtieren meinerselbst, fühlt es sich in der Eingewöhnungsphase doch ganz und gar unnatürlich an und erweist sich von außen in diesen ersten Wochen ganz bestimmt nicht als sportive Augenweide. Mein Liebster läuft übrigens ohne sichtliche Kraftanstrengung auch nach längster Abstinenz wie ein junger Gott, während ich wie ein brodelnder Dampfkessel hinterherkriechen müsste, würden wir zusammen unsere Runden drehen. Dabei ist das zeitliche Durchhalten weniger ein Problem. Selbst untrainiert kann ich dank guter Grundkondition locker mindestens 30 Minuten am Stück laufen ohne zwischendurch verschnaufen zu müssen. Doch die eigentümliche Selbsterfahrung, das Keuchen, das gelegentliche Stolpern, das Vorankriechen. Das kann doch nicht im Ernst alles an schlechten Laufschuhen liegen?! Allen Unwägbarkeiten zum Trotz, ist es nun an der Zeit, erneut zu beginnen, finde ich. Diesmal mit guten Schuhen und einer Laufbandanalyse und ohne Ipod, der lenkt mich mit seiner Taktvorgabe nur ab. Jahr 2 verlangt nach neuen, ernstzunehmenden Ritualen und außerdem sehen nach ein paar Wochen regelmäßigen Laufens meine Beine in Pumps und Stiefeln einfach exzellent athletisch aus.