24. Februar 2011

Die Linderungen der Phantasie

Da schreibt der berühmte Verfechter der virtù (Tatendrang des Menschen garniert mit allerhand Listenreichtum, perfider Manipulation und anderen Skrupellosigkeiten), dessen Name in heutiger Geschichtswissenschaft und politischer Theorie vor allem mit rücksichtslosern Machtstrategien unter Ausnutzung aller Mittel verbunden ist, also ausgerechnet jener in einem mathematisch-kühlen Satzbau kalkulierende Kopf, dabei zeitlebens an einer immanenten Kosten-und Nutzenrechnung orientiert, in einem Brief an seinen Freund Francesco Vettori die ergreifenden Zeilen: 
Wenn der Abend kommt, kehre ich nach Hause zurück und gehe in meine Schreibstube. Bevor ich hineingehe, ziehe ich mein Tageskleid aus, das voll Schmutz und Staub ist, und hülle mich in königliche Gewänder. Angemessen gekleidet, besuche ich die antiken Höfe der Alten, wo ich liebevoll aufgenommen werde, und weide mich an der Nahrung, die einzig mein ist und für die ich lebe. Dort schäme ich mich nicht, mit ihnen zu reden und sie nach dem Grund ihrer Taten zu fragen, und jene antworten...Vier Stunden lang  fühle ich keinerlei Langeweile: ich vergesse jeden Kummer, fürchte nicht die Armut, es schreckt mich nicht der Tod. Ganz versenke ich mich in sie.
Fühle mich an mich erinnert...